„Bewerbungsschreiben“ Kindergarte

Oft hilft es Dinge oder Situationen „mit anderen Augen“ zu betrachten, vor allem, wenn es Kinderaugen sind!
Auch wenn Raphael zu diesem Zeitpunkt keine 2 Jahre alt war, hatte er uns schon soweit „erzogen“, dass wir sehr oft seine Meinung und Haltung unzweifelhaft klar mitgeteilt bekamen und verstanden.

Hier geht es um die Suche nach einem passenden Kindergarten, und wir überließen es ihm, sein „Bewerbungsschreiben“ aus seiner Sicht zu formulieren.

Hier ist es: Liebe Frau XY, mein Name ist Raphael und im März werde ich schon zwei Jahre alt. Da dachte ich, Zeit sich nach einem prima Kindergartenplatz umzuschauen. Damit Sie mich und meine Familie vorab ein wenig besser kennenlernen, schreibe ich Ihnen diese Zeilen: Ich wurde als erstes Kind meiner Eltern in Mainz geboren. Seit dieser Zeit bringe ich deren Leben auf die vielfältigste Weise durcheinander und helfe ihnen die Welt aus einer anderen Sicht (nämlich meiner) zu sehen.

Im Moment bekomme ich meinen 17. Zahn, übe fleißig Türme bauen, sprechen und rennen. Meine sonstigen Hobbys sind: Musik machen, alles was Räder hat und die Welt entdecken.

Der liebe Gott hat mir aber noch etwas Besonderes mitgegeben. Ich habe ein Chromosom mehr als die meisten meiner Spielkameraden.

Die Ärzte nennen es Trisomie 21, meine Eltern Down‐Syndrom. Keine Ahnung warum, denn eigentlich heiße ich ja Raphael und nicht Down und 21 bin ich auch noch nicht…

Mit dem Gen mehr geht bei mir einiges ein wenig langsamer. Ich werde z.B. voraussichtlich später sprechen, Mathe wird wahrscheinlich nicht mein Lieblingsfach (Papa mochte es aber auch nicht).
Wie genau sich das alles auf mich auswirkt, wird die Zeit zeigen, aber ich bin gesund und putzmunter. Ich habe viel Spaß am Leben, lache viel, spiele und turne. Genau wie alle anderen Kinder in meinem Alter auch.

Ich bin also ein bisschen anders, aber es ist normal unterschiedlich zu sein, sagt Mama.

Es ist immer die Frage, wie man damit umgeht und was man daraus macht. Daher ist es uns dreien besonders wichtig, dass ich mich mit allen austauschen, lernen und spielen kann.
Nur so macht es Spaß und bringt jedem etwas. Ich hab nämlich noch so einiges vor im Leben und will vieles erreichen.

Ich denke, mit mir kann man viel Spaß haben und lachen und auch die anderen Kinder können bestimmte Sachen von mir lernen und ich vieles von ihnen.
Gerne kommen meine Eltern und ich auch zu einem persönlichem Gespräch bei Ihnen vorbei. Ich würde mich freuen von Ihnen zu hören.

Liebe Grüße, Raphael

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