Nach vielen Komplikationen beim „Elternwerden“ erschien es uns wie ein kleines Wunder, als ich zwei Jahre später erneut ein Kind erwartete.
Genauso wundervoll und ungeplant war dann die Geburt. Komplikationslos erblickte ein wunderschöner kleiner Junge in die überraschten Augen der Sanitäter, die mich gerade zur Entbindung ins Krankenhaus bringen wollten.
Den Weg konnten sie sich sparen … Unsere erfahrene Beleghebamme, die mir schon bei der Geburt unserer Tochter im Krankenhaus geholfen hatte, untersuchte und verarztete mich Zuhause und führte die ersten Untersuchungen am Kind durch. Es war der schönste Tag in unserem Leben.
Mit unserer Hebamme durften wir viel später gemeinsam die Vermutung anstellen, dass dieses kleine Wesen wohl doch nicht ganz perfekt sei.
Der Verdacht Down Syndrom – einmal ausgesprochen – war für uns ein Schock: Was kommt auf uns zu? Werden wir ihn lieben können?
Es folgten anstrengende Zeiten, in denen viele diagnostische Tests anstanden. Viel Unterstützung erhielten wir durch den Elternkreis Mainz. Es tat gut, sich mit Menschen auszutauschen, die ganz ähnliche Erfahrungen gemacht haben und viele Tipps für Behördengänge, Ärzte und Alltag geben konnten. Doch dann musste Götz mit 4 ½ Monaten am Herz operiert werden.
Das war der schrecklichste Tag in unserem Leben und gleichzeitig das größte Glück, als er die OP erfolgreich überstanden hatte. In dieser Zeit wurde uns bewusst, wie sehr wir unser Kind lieben.
Lieber Götz, wie konnte ich auch nur einen Moment glauben, dass ich dich nicht lieben werde?
Du hast das Down‐Syndrom, das sieht man dir an, doch du hast auch die Ähnlichkeit zu deiner Familie. Du bist unser Junge und du verzauberst die Menschen mit deinem Charme und Witz.
Ganz sensibel spürst du, wenn es jemanden schlecht geht und tröstet auf deine unbeholfene Art. Mit dir haben wir ganz extreme Höhen und Tiefen erlebt. Wir haben um dein Leben gebangt und erfreuen uns jeden Tag an deiner Entwicklung. Du zeigst uns, dass das Leben nicht nur aus Leistungsbeurteilung, Fortschritt und Vergleich besteht.
Und wenn sich doch einer mit unserem Sohn vergleichen will, kontern wir:
Na und? Mein Kind hat aber mehr Gene als deins!